Ein Mann ist keine Altersvorsorge

Buchbesprechung.
Unsere ehemalige Bundesfamilienministerin der SPD Renate Schmidt und die bekannte Frauenfinanzberaterin Helma Sick haben dieses Buch gemeinsam geschrieben.
Die über 70-jährige Renate Schmidt konstatiert mit großer Verwunderung, dass die jungen Frauen immer noch ihren Beruf ganz oder zumindest teilweise aufgeben, sobald sie Kinder kriegen und dass sie dennoch keine vertragliche Vorsorge über ihre Unterhaltsansprüche nach einer eventuellen Trennung oder Scheidung treffen. 
Das ist zwar in der Tat unvernünftig, weil die große Koalition 2008 die Unterhaltsansprüche nach einer Scheidung weitgehend minimiert hat, aber die Rahmenbedingungen, insbesondere in Bayern, sind natürlich nicht optimal, wenn man trotz Kindern umfangreich berufstätig bleiben will. Krippen und Kindergartenplätze sind, vor allem im boomenden München, rar und teilweise sehr schwer zu kriegen. Der Freistaat Bayern stellt so gut wie keine Ganztagsschulplätze zur Verfügung.
In keiner Schulform können Kinder, die nicht gerade hochbegabt sind, ohne elterliche Mithilfe am Nachmittag und Abend auskommen.
Einen vorsorgenden Ehevertrag zu treffen läuft dem bei vielen Menschen zu Beginn der Beziehung bestehenden Gefühl entgegen, dass ein Scheitern so gut wie ausgeschlossen ist, Statistik hin oder her. 

Insofern finde ich es im höchsten Grad verwunderlich, wenn die Grand Dame der SPD, nachdem schon durch die Änderung des Unterhaltsrechts 2008 genügend Unheil angerichtet wurde, nun als ersten Punkt ihrer Lösungsvorschläge ernsthaft die weitgehende Streichung der gegenseitigen Unterhaltsverpflichtung für Eheleute vorschlägt. 
Zunächst sollten doch in der Tat die Rahmenbedingungen die richtigen sein, die öffentliche Kinderbetreuung nicht nur vorhanden, sondern auch qualitätvoll sein, so dass man kein schlechtes Gewissen hat, wenn man die Kinder dort unterbringt, zum anderen müsste sich in der Arbeitswelt, müsste jede einzelne Frau durchsetzen, dass sich der werte Ehegatte und Vater mehr in die Familienarbeit einbringt. Dies entspricht auch durchaus den Forderungen der Autorinnen. Aber die Reihenfolge muss die richtige sein!
Erst müssen sich die Verhältnisse ändern, dann kann man das Unterhaltsrecht streichen.

Und auch dann nur bedingt, denn was machen die vielen Alleinerziehenden, meistens Mütter, nach einer Trennung / Scheidung, wenn der Vater nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung steht? Wenn er beispielsweise in einer anderen Stadt lebt und / oder arbeitet? Oder wenn er wegen beruflicher Belastung im Alltag nicht zur Verfügung steht? Denn für zuasammenlebende Eltern ist es schon schwierig genug, den Alltag zu organsisieren, wenn beide, sagen wir, auch nur 30 Stunden berufstätig sind. Wenn es getrennte Haushalte gibt, ist es manchmal fast unmöglich, sich die Kinderbetreuung zu teilen und sei es, weil die Kinder nicht robust genug sind, um ständig hin und her zu wechseln, sei es, weil man nicht in direkter Nachbarschaft wohnt.

Fazit: Das Buch ist lesenswert und die Analyse ist nachvollziehbar. Es gibt die falschen Anreize für Mütter, nicht oder nur geringfügig tätig zu sein. Aber das darf nach einer Trennung nicht auf dem Rücken der Alleinerziehenden ausgetragen werden.

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