Umgangspflicht nicht nur für Kinder, auch für Eltern

Kinder haben ein Recht auf Umgang mit ihren Eltern. Ein Vater muss sich deshalb einmal im Monat mit seinen drei Söhnen treffen – auch wenn er das nicht will. So entschied das OLG Frankfurt.

Aus der Ehe der getrenntlebenden, noch nicht geschiedenen Eltern sind drei Söhne hervorgegangen, zu denen der Mann seit seinem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung Anfang 2017 nur noch sporadischen Kontakt hatte. Das Sorgerecht steht den Eltern gemeinsam zu. Die Mutter leitete im Herbst 2019 ein Umgangsverfahren ein, da die Kinder den Vater vermissen würden und sich einen regelmäßigen Umgang wünschten.

In ihrer amtsgerichtlichen persönlichen Anhörung am 17.01.2020 erklärten A, B und C - in Kenntnis des Umstandes, dass der Kindesvater die Kinder derzeit nicht sehen wolle -, dass sie sich einen Umgang mit dem Kindesvater wünschten und ihnen der Kontakt zum Kindesvater fehlte.

So hat A erklärt, dass er den Papa drei Mal die Woche sehen wolle und auch in den Urlaub mit ihm wolle. Er wolle wissen, wie sein Halbbruder heiße und ihn gerne mal kennenlernen. Ebenso hat C berichtet, dass er den Papa treffen, mal wieder ein Wochenende mit ihm verbringen und auch mal wieder mit ihm reisen wolle. Er sei traurig darüber, dass er keinen Kontakt zu seinem Vater habe. Auch B hat erklärt, dass er den Papa sehr bald wiedersehen möchte. Möglichst zudem regelmäßig mittwochs und am Wochenende, wobei ihm die Wochenenden wesentlich wichtiger seien.

In der amtsgerichtlichen persönlichen Anhörung der übrigen Verfahrensbeteiligten am 06.11.2019 erklärte der Kindesvater, dass er absolut kein Interesse daran habe, dass es den Kindern schlecht ergehe. Er sei in großer Sorge um die Kinder. Dennoch sei es ihm schlicht und ergreifend nicht möglich, derzeit einen Umgang wahrzunehmen. Er sei erneut Vater geworden. Er stünde unter starkem beruflichen Druck, schlafe lediglich drei bis vier Stunden in der Nacht und sei auch schon in Therapie.

Das Amtsgericht verpflichtete ihn dennoch dazu, die Kinder an einem Sonntag im Monat tagsüber sowie in näher bezeichneten Ferienzeiten zu sich zu nehmen.

Die dagegen gerichtete Beschwerde des Vaters hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Der Vater sei gemäß § 1684 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zum Umgang mit seinen drei Söhnen verpflichtet. 

Schließlich sei es einem Elternteil auch zumutbar, angehalten zu werden, mit seinem Kind Umgang zu pflegen. Einem Elternteil wird in aller Regel nicht nur abverlangt, eine Begegnung mit seinem Kind zu erdulden. Vielmehr wird von ihm erwartet, dass er sich dem Kind zuwendet, mit ihm kommuniziert und eine persönliche Beziehung zum Kind herstellt oder fortsetzt. Ein dazu nicht bereiter Elternteil kann hierdurch unter nicht unerheblichen psychischen Druck geraten. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Eltern nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht allein das Recht, sondern auch die Pflicht zur Pflege und Erziehung ihres Kindes haben. Dieser Pflicht können Eltern zwar auch dadurch nachkommen, dass sie das Kind der Obhut anderer anvertrauen. Eine solche Delegation der Erziehung entbindet jedoch nicht von der Verantwortung, die Eltern für ihr Kind tragen. Ohne einen Umgang mit dem Kind wird es schwerlich möglich sein, als Elternteil so auf das Kind Einfluss zu nehmen, wie es dessen speziellem Wohl entspricht und dessen persönlicher Entwicklung förderlich ist. Insofern ist der Umgang mit dem Kind eine wesentliche Voraussetzung und Grundlage für die Ausübung des Elternrechts im Interesse des Kindes (BVerfGE 121, 69 = FamRZ 2008, 845).

Es ist einem Elternteil deshalb zumutbar, auch unter Beeinträchtigung seiner Persönlichkeitssphäre zum Umgang mit seinem Kind verpflichtet zu werden, wenn dies dem Kindeswohl dient

Es komme auch dem Wohl des Kindes zugute, "wenn es durch Umgang mit seinen Eltern die Möglichkeit erhält, seinen Vater und seine Mutter kennenzulernen, mit ihnen vertraut zu werden oder eine persönliche Beziehung zu ihnen mithilfe des Umgangs fortsetzen zu können", führte das OLG aus. Die Umgangsverweigerung stelle dagegen einen maßgeblichen Entzug elterlicher Verantwortung und zugleich die Vernachlässigung eines wesentlichen Teils der Erziehungspflicht dar. "Ein Umgang ist für die kindliche Entwicklung von herausragender Bedeutung", betonte das OLG unter Verweis auf wissenschaftliche Erkenntnisse.

Den vom Vater vorgetragenen Belastungen werde durch die eingeschränkte Umgangsverpflichtung Rechnung getragen. Abschließend hielt das OLG fest, "dass die vorgetragenen Belange des Kindesvaters ihn eher zu einer Umstrukturierung seiner Prioritäten einmal im Monat an einem Sonntag und für eine Hälfte der jeweils längeren Schulferien veranlassen sollten, statt seiner verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Umgangspflicht mit seinen drei älteren Kindern weiter nicht nachzukommen."


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