Entwicklung der Rechtsprechung: Begründung der gemeinsamen elterlichen Sorge

Entwicklung der Recht­spre­chung zur Überg­angs­re­gelung des Bundesverfassungsgerichts
Die Begründung der gemein­samen elter­lichen Sorge oder eines Teils der elter­lichen Sorge bei nicht verhei­ra­teten Eltern setzt voraus, dass das dem Kindeswohl dient. Fehlt die nötige Kommu­ni­ka­tions– und Koope­ra­ti­ons­fä­higkeit, dient die Begründung einer gemein­samen Sorge nicht dem Kindeswohl. Dabei ist uner­heblich, wer maßgeblich dazu beiträgt, dass die Kommu­ni­kation zwischen den Eltern nicht klappt.
Amts­ge­richt Freiburg im Breisgau
Der Wunsch der Mutter, berechtigt zu bleiben, Entschei­dungen für das Kind auch künftig allein zu treffen, überwiegt das durch Entscheidung des BVerfG gestärkte Eltern­recht des Vaters nicht. Es entspricht dem Kindeswohl, seine Eltern in wich­tigen Entschei­dungen für sein Leben als gleich­be­rechtigt zu erleben. Am Willen und der Fähigkeit des Vaters, das Kind zu behüten und zu beschützen, und es best­möglich zu fördern,  bestünden im vorlie­genden Fall keine Zweifel. Deshalb sei es der Mutter zumutbar, in Ange­le­gen­heiten von erheb­licher Bedeutung Einver­nehmen mit dem Vater herbei­zu­führen. Darunter fallen:
  • Wahl der Kinder­ta­ges­stätte und der Schule
  • Schul­wechsel, Wechsel in Heim oder Internat
  • Reli­gi­ons­aus­übung
  • Berufswahl
  • medi­zi­nische Eingriffe, soweit sie mit der Gefahr erheb­licher Komli­ka­tionen und Neben­wir­kungen verbunden sind
  • Vermö­gens­sorge für das Kind
  • Hand­lungen, die das Persön­lich­keits­recht des Kindes berühren wie z. B. Veröf­fent­li­chung von Fotos auf facebook, Mitnahme des Kindes zu Demonstrationen.
Das Aufent­halts­be­stim­mungs­recht dagegen wurde der Mutter alleine belassen, da sich das Kind überwiegend bei der Mutter aufhält und dem Rechnung zu tragen ist, dass sie seit Geburt die engste Bezugs­person des Kindes ist und der Schwer­punkt der Lebens­ver­hält­nisse des Kindes in ihrem Haushalt nicht in Frage steht.
Wenn der Gesetz­geber einer­seits von Müttern ab dem 3. Lebensjahr des Kindes grund­sätzlich eine volle Berufs­tä­tigkeit erwartet, darf dies nicht ande­rer­seits durch einschrän­kende Sorge­rechts­re­ge­lungen konter­ka­riert werden. Es ist grund­sätzlich hinzu­nehmen, wenn die Mutter aus beruf­lichen Gründen ihren Wohnsitz verlegen muss.
Kammer­ge­richt Berlin
Der Antrag eines nicht­ehe­lichen Vaters auf Übertragung des gemein­samen Sorge­rechts hat nur dann hinrei­chend Aussicht auf Erfolg, wenn Umstände dargetan oder ersichtlich sind, die ein gemein­sames Sorge­recht als dem Kindeswohl förder­licher als die Allein­sorge der Mutter erscheinen lassen.
Die gemeinsame elter­liche Sorge setzt ein Mindestmaß an elter­licher Überein­stimmung voraus. Hierzu bedarf es objektiv der Koope­ra­ti­ons­fä­higkeit und subjektiv der Koope­ra­ti­ons­be­reit­schaft der Eltern.
Ober­lan­des­ge­richt Rostock
Im Hinblick auf die grund­sätzlich fehlende Koope­ra­tions– und Kommu­ni­ka­ti­ons­fä­higkeit beider Eltern fehlt es an den Mindestvoraus-setzungen für eine gemeinsame Eltern­ver­ant­wortung.
Kammer­ge­richt Berlin
Es entspricht grund­sätzlich dem Kindeswohl, wenn es in dem Bewusstsein lebt, dass beide Eltern für es Verant­wortung tragen. Dies gilt jeden­falls dann, wenn das Kind zu beiden Eltern­teilen eine gute Beziehung hat bzw. wenn sich beide um es kümmern und Kontakt mit ihm pflegen. Zwischen den Eltern muss ein Mindestmaß an Überein­stimmung bestehen. Sie müssen koope­ra­ti­ons­fähig und –willig sein. Ein stän­diger und umfas­sender Austausch über die Kindes­in­ter­essen ist hierfür nicht erfor­derlich. Es genügt, wenn die Eltern in Ange­le­gen­heiten von erheb­licher Bedeutung mitein­ander sprechen und gemeinsam entscheiden.
Ober­lan­des­ge­richt Brandenburg

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